Alleinerziehend — Alleinbetreuend

Liebe Blog-Leser

In meiner Praxis haben viele Patienten recht alte Eltern, um die sie sich als „Angehörige“ bemühen. Oft höre ich von Sorgen um die Eltern, aber auch Sorgen, das alles nicht durchstehen zu können. Es ist dann besonderes schwierig, wenn die Beziehung zu dem Elternteil jahrelang belastet, schwierig oder gar durch Funkstille geprägt war. Eine emotional besonders anstrengende Situation entsteht, wenn die Eltern im Haus oder in unmittelbarer Nähe leben. Da ist so mancher Konflikt vorprogrammiert.

Ich bin immer mehr über die Bezeichnung  „Angehörige“ gestolpert und kam dann auf das Wort: Alleinbetreuende. Denn die Situation ähnelt doch der Situation der meisten „Alleinerziehenden“: Eigentlich sind diese nicht ganz „allein“, denn es gibt meistens einen Vater, der die Kinder regelmäßig sieht, es gibt finanzielle Hilfen, es gibt weitere Verwandte und Bekannte und Nachbarn, die sich ebenfalls kümmern, kurzum es gibt eigentlich immer ein soziales Netz. Ganz ähnlich funktioniert das bei der Betreuung alter Eltern, auch wenn keine Geschwister da sind, die sich gemeinsam kümmern (Ich habe das große Glück, dass meine Schwester sich ebenfalls und sehr intensiv um meine Mutter kümmert und ich mich mit meiner Schwester bestens verstehe).

Ich glaube, dass der Ausdruck „Alleinerziehend“ deshalb so verbreitet ist, weil er so passend eine Gefühlslage ausdrückt: Alleinerziehende fühlen sich oft allein und unter großem Verantwortungsdruck. Und das ist dann am anderen Ende ganz ähnlich: die „Alleinbetreuenden“ sind nicht völlig isoliert, aber sie fühlen sich oft sehr allein auf sich gestellt, und fühlen sich emotional überfordert. Hinzu kommt hierbei noch, dass es um den Umgang mit dem Alt- und Kranksein geht, was Traurigkeit und Angst auslöst. Und diese Gefühle gehen mit dem Gefühl, allein zu sein, einher.

Nun kommt sehr bald die Jahreswende, und da geht es immer auch um einen Neuanfang. Vielleicht geht das auch, wenn jemand in einer „alleinbetreuenden“ Situation steht. Ein Neuanfang kann ja bedeuten, sich den eigenen Gefühlen zu widmen und diese zu würdigen. Vielleicht einen ganz neuen Weg finden, wie all die Anforderungen geleistet werden können, ohne dass es in einen persönlichen Burnout-Zustand mündet. Vielleicht indem die Alleinbetreuenden sich durch ein Gefühl der Verbundenheit weniger schwer und von einer Gemeinschaft getragen fühlen.

Zum Jahresende möchte ich mich nun bei Ihnen bedanken. Ich hoffe, dass Sie manches mal den Blogbeitrag gerne und mit Interesse gelesen haben. Übrigens können Sie sich Beitragsthemen auch wünschen! Am besten über die Kommentarfunktion des Blogs oder per email an: dr.ott@psychotherapiepraxis-rheinhessen. Ich schaue dann, was ich dazu finden kann. Im Neuen Jahr kommt dann jeweils ein schönes Bild zum Blog dazu.

Zum Schluss noch ein Zitat: „Die Zukunft ist kein Schicksal“ (Bundespräsidenten-Jahresansprache 2017). Lassen Sie uns in diesem Sinne die Zukunft gestalten und so weit beeinflussen, wie es in unserer Macht steht. Alles andere liegt in anderen Händen.

 

Ihre Sabine Ott

 

 

 

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